Das steht auf der Karte, die mir meine Mutter gestern überreichte, als ich sie im Pflegeheim besucht habe. Es ist nur ein Satz. Zudem mit Fehlern und schlecht lesbar. Aber dieser eine Satz ist für mich ein kleines Wunder.
Die Odyssee meiner psychisch kranken Mutter während der letzten drei Jahre hat zwischendurch ganz schön heftig an meinen Kräften gezehrt und mir meine Grenzen aufgezeigt. Wenn es einem Angehörigen so schlecht geht, ist das in der Tat sehr belastend.
Meine Mutter ist seit gut zwei Wochen wieder in der Übergangspflege des Pflegeheims. Der letzte Aufenthalt in der Psychiatrischen Uniklinik scheint ihr gut getan zu haben und es sieht so aus, als ob sie medikamentös endlich gut eingestellt ist. Sehr einfache Gespräche sind möglich, und das ist ein unheimlich grosser Fortschritt. Man kommt selbst dann voran, wenn unsere Schritte noch so klein sein mögen.
Erwartungen und Hoffnung
Es wäre gelogen, wenn ich jetzt behaupte, dass ich sie mit der allergrössten Freude im Herzen besuche. Sagen wir mal so – ich habe eine gewisse Grundskepsis, dass es so nicht bleiben wird. In diesem Fall halte ich die Erwartungen lieber tief, dann ist die Enttäuschung nämlich deutlich geringer. Das sind Erfahrungswerte aus meiner Kindheit, mit denen ich bisher gut durchs Leben gekommen bin.
Da ist aber auch noch die Hoffnung. Und die stirbt bekanntlich immer erst ganz zum Schluss. Und das ist auch gut so. Denn die Hoffnung nährt das Leben. Friedrich Nietzsche sagte einst: „Die Hoffnung ist der Regenbogen über den herabstürzenden Bach des Lebens.“
Die alten Platten und Lieder, die alten Geschichten, die alten Bücher, die alten Bilder, die alten Farben, die alten Kämpfe und die alten Narben. Diese Zeilen stammen aus dem Lied „Guet Nacht, Elisabeth“ von der Schweizer Band Patent Ochsner.
Es ist ein Lied, bei dem mir jedes Mal die Tränen die Wangen runter kullern, da der Text so exakt beschreibt, was meine Mutter und mich verbindet. Zudem lautet der Vorname meiner Mutter auch Elisabeth. Es ist schon beinahe unheimlich, dass ein komplett Fremder einen Text verfasst, der auf das eigene Leben so wortgenau zutrifft. Und das mitten ins Herz.
Das Verhältnis zwischen mir und meiner Mutter ist und bleibt kompliziert. So wie unsere Geschichte. Für mich ist das jedoch völlig in Ordnung. Das war nicht immer so. Ich merke einmal mehr, dass ich auf meinem Weg der Versöhnung ein gutes Stück vorwärts gekommen bin und dafür bin ich unglaublich dankbar. Mein Leben ist dadurch um so vieles reicher geworden.