Tinder – eine Hassliebe und Date 1

Mein erstes und auch mein letztes Tinderdate dauerten jeweils knapp eine Stunde. Vielleicht ein Omen? Ich nenne es sogenannte Tinder-Kurzgeschichten. Der Anfang und das Ende…meinen Account auf Tinder habe ich nämlich in der Zwischenzeit vollständig gelöscht, und ob ich diese App jemals wieder installieren werde, kann ich zum heutigen Zeitpunkt eher mit Nein beantworten. Ich kann es aber auch nicht gänzlich ausschliessen. Das ist die Krux mit solchen Apps…es ist eine Art Hassliebe und schwer zu erklären. Wer’s kennt, kann es vielleicht nachvollziehen.

Wobei…wenn ich mir das jetzt so recht überlege, wird mich in Zukunft eh niemand mehr daten wollen, denn wenn ein Mann nur die leiseste Ahnung vom Googeln hat und dann auf diesen Blog stösst, geht er wohl kaum das Risiko ein, als Tinderstory zu enden. Aber wie sag’ ich immer: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“. 

Nach meiner Ankündigung von letzter Woche könnte man meinen, ich hätte zig Geschichten auf Lager. So ist es aber nicht, denn, ganz ehrlich, das wäre mir f*** zu anstrengend. Zudem fehlt mir sowohl die Zeit als auch die Energie.

Sich mit einem Fremden zu treffen, ist anstrengend, selbst dann, wenn man zuvor bereits telefoniert oder sich via Whatsapp, Signal, Threema oder oder wie diese Messengers auch immer heissen mögen, viel geschrieben hat. Dadurch entsteht zwar ein Gefühl von Vertrautheit, das mit der realen Welt oft nicht wirklich viel gemeinsam hat. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel.

Trifft Frau dann auf den vermeintlich potentiellen Traumprinzen ist das etwas ganz anderes, und man landet ganz schnell auf dem Boden der nackten Tatsachen. Und da hier spezifisch von Tinderdates die Rede ist, ist dies im Kontext sogar wortwörtlich gemeint.

Es ist mir wichtig, zu erwähnen, dass ich die Geschichten zwar „based on a true Story“ schreibe, aber so, dass die Namen und Orte rein fiktiv sind. Es soll so sein, dass falls sich jemand wiedererkennt, er sich nicht wutentbrannt an mich zurückerinnern soll. Ich bin mir jedoch ziemlich sicher, dass die Begegnungen zu flüchtig und zu unbedeutend waren.

Mit drei Tinderdates habe ich noch immer Kontakt. Für diese drei Geschichten werde ich vorgängig ein „GO“ oder „NO GO“ einholen, bevor ich die Texte veröffentlichen werde. Vielleicht werde auch nicht darüber schreiben, das weiss ich zum heutigen Zeitpunkt noch nicht, denn zumindest bei einer Begegnung war mein Herz doch ziemlich fest involviert.

Nun aber zurück auf Anfang – zurück zum ersten Date:

Er ist Südamerikaner, Typ heissblütiger Latinolover. Eigentlich entspricht er so gar nicht meinem Beuteschema. Aber er sieht gut aus und aus irgendeinem mir nicht mehr nachvollziehbaren Grund sehe ich uns in einer lauen Sommernacht am Meer. Er spielt Gitarre und wir sitzen am wärmenden Feuer, während über uns die Sterne am Himmel um die Wette funkeln. Fantasie ist ja etwas Wunderbares und ihr sind keine Grenzen gesetzt, und das ist auch gut so. Aber sie kann einem auch ganz schön in die Irre führen…

Was mich dann im Restaurant erwartet…ich erkenne ihn nicht einmal. Könnte auch daran liegen, dass ich meine Brille selten bis gar nie trage und auf Distanz ziemlich schlecht sehe. Gerade als ich mich an einen leeren Tisch begeben will, winkt mich ein Typ zu sich und stellt sich mir vor. Er ist es tatsächlich. Hat aber mit den Profilbildern keinerlei Ähnlichkeit und eigentlich möchte ich jetzt nur noch das Weite ergreifen, der Anstand verbietet es mir jedoch. Ich empfinde mich grad als furchtbar oberflächlich, doch mein Gegenüber hat so gar nichts mit Meer und Strandromantik am Hut. Eigentlich recht praktisch, dass ich nicht so gut sehe. Er ist fad, langweilig und unattraktiv. Aber immerhin spielt er gerne und super gut Gitarre. Das zumindest erzählt er mir. Ich werde es nie erfahren, und es ist mir ehrlich gesagt auch völlig egal. Ich bin total genervt. Er nervt mich und meine falsche Vorstellung nervt mich. Ich möchte einfach nur weg.

Wir bestellen ein Glas Wein und ich komm’ nicht umhin, ihm zu sagen, dass es nicht fair ist, Bilder zu posten, die so gar nicht den Tatsachen entsprechen. Das Gespräch verläuft harzig, wen wundert’s. Nach einer guten halben Stunde lege ich die Karten auf den Tisch und sage ihm, dass ich jetzt bezahlen und nach Hause gehen werde. Er scheint ziemlich perplex. Ich vermute stark, dass sich hierbei um eine ziemlich falsche Selbsteinschätzung handelt.

Eigentlich wollte ich damals zum allerersten Mal die App löschen, aber der Reiz und die Neugier des Unbekannten waren dann doch grösser. 

Nur ein paar Monate später wird er mir doch tatsächlich nochmals auf Tinder als möglicher Match vorgeschlagen. Die gleichen Fotos, der gleiche Text. Scheint nix dazugelernt zu haben, der Gute. Ich aber schon und swipe nach links. Hoffentlich auf Nimmerwiedersehen.

Verfasst von

Ich stehe mitten im Leben und schreibe darüber. Über das Leben mit all seinen Facetten. Mal bunt, mal düster, mal witzig, mal ernst. So, wie das Leben eben ist. Immer in Bewegung. Sowohl privat (Mutter von drei Kindern 9, 10 & 12 Jahre alt) als auch beruflich interessiere ich mich für Psychologie - ich bin diplomierte Einzel-, Paar- und Familienberaterin. Schreiben ist nicht einfach ein Hobby - es ist Leidenschaft.

Ein Kommentar zu „Tinder – eine Hassliebe und Date 1

  1. Ich weiß, dies ist ein alter Eintrag, aber es hat sich nichts geändert. Ganz gleich, auf welcher Seite man steht, es sind die Apps, die potenzielle Beziehungen einfach ruinieren.

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