Partnerschaft: Warum die selbstlose Liebe Unsinn ist

Eine Partnerschaft ist, auch wenn sie wunderbar funktioniert, immer eine komplexe Angelegenheit – kommen doch in jedem Fall zwei  (und manchmal mehr) Menschen zusammen, die ihren eigenen Hintergrund, ihre ganz eigene Geschichte mitbringen. Und selbst mit dem tollsten Partner können wir diese Erfahrungen nicht so einfach abstreifen.

Eigentlich erstaunt es nicht, dass wir bei der Partnerwahl genau auf diese Erfahrungen zurückgreifen. Um es präziser zu sagen: unsere Partnerwahl hängt oft von frühkindlichen Prägungen ab. Wir wollen das, was wir kennen – oft auch dann, wenn es einem nicht gut tut.

Diesen Umstand vergisst man leider gerne, wenn es darum geht, seine Wünsche und Bedürfnisse in die Beziehung einzubringen und/oder an den Partner zu stellen.

Jetzt hör’ ich sie schon, die Stimmen, die sagen, aber die Liebe ist doch selbstlos. Keine Erwartungen, keine Anforderungen.

„Quatsch mit Sauce“, sag ich da. Unsinn. Hokuspokus.

Selbstloses Handeln bedeutet nämlich weiter, das Wohl und die Bedürfnisse des Anderen ins Zentrum zu stellen, selbst wenn es auf die Kosten der eigenen Bedürfnisse geht.

Das ergibt überhaupt keinen Sinn, denn in einer guten Beziehung sollten sich Geben und Nehmen die Waage halten. Alles andere macht auf lange Sicht unzufrieden und unglücklich.

Die selbstlose Liebe ist von der Idee her zwar ein schönes Konzept, aber die Realität zeichnet oft ein anderes Bild. Im Leben ist nahezu alles egoistisch. Warum soll diesbezüglich in der Liebe der grosse Ausnahmezustand herrschen? Und was würde das bringen? Ganz ehrlich?

Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass der Egoismus durchaus seine Berechtigung hat.

Ich zumindest liebe auch für meinen eigenen Seelenfrieden. Ich liebe in erster Instanz nicht, weil meine Liebe dem Partner guttut, sondern weil mir die Liebe meines Partners guttut. Durch seine Liebe wird meine Selbstliebe grösser.

Das liegt nicht etwa daran, dass ich mich selbst zu wenig oder nicht liebe. Doch die Liebe des geliebten Menschen verleiht der Selbstliebe magische Flügel.

Es ist ein bisschen wie mit dem Helfen: Ich helfe anderen sehr gerne. Diese Tatsache hat zudem den angenehmen Nebeneffekt, dass ich mich danach gut fühle.

Was am Ende doch zählt ist nicht der Gedanke, sondern die Handlung. In diesem Sinne tut das sogar doppelt gut. Demjenigen, dem geholfen wurde und mir, die ich geholfen habe.

Mit der Liebe verhält es sich ebenso. Deshalb kann man sich aus meiner Sicht getrost vom Konzept der selbstlosen Liebe verabschieden.

 

 

 

Verfasst von

Ich stehe mitten im Leben und schreibe darüber. Über das Leben mit all seinen Facetten. Mal bunt, mal düster, mal witzig, mal ernst. So, wie das Leben eben ist. Immer in Bewegung. Sowohl privat (Mutter von drei Kindern 9, 10 & 12 Jahre alt) als auch beruflich interessiere ich mich für Psychologie - ich bin diplomierte Einzel-, Paar- und Familienberaterin. Schreiben ist nicht einfach ein Hobby - es ist Leidenschaft.

3 Kommentare zu „Partnerschaft: Warum die selbstlose Liebe Unsinn ist

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