Wenn ich als Paarberaterin danach gefragt werde, welches meine Tipps für eine glückliche Liebesbeziehung sind, gibt es einen Punkt, der immer wieder Fragen aufwirft.
Es geht dabei um die Schönfärberei oder die Idealisierung des Partners. Ich beschreibe das jeweils wie folgt:
„Nobody is perfect“, auch der Partner nicht. Dies darf man sich ruhig eingestehen und akzeptieren. Es muss nicht gerade die rosarote Brille sein, die den Blick zu Beginn einer Liebesbeziehung massgeblich trüben kann. Jedoch kann es meiner Meinung nach nicht schaden, wenn man sich hie und da gegenseitig ein bisschen schönfärbt respektive idealisiert.“
Mit diesem Tipp ist nicht gemeint, dass man seinem Partner durch Schönfärberei schätzens- und/oder liebenswerte Eigenschaften andichten soll. Es geht bei der Schönfärberei/Idealisierung nicht darum, etwas zu erfinden, sondern den Blick auf die vorhandenen und positiven Eigenschaften des Partners zu richten. Eigenschaften, die im Laufe einer Beziehung leider oft und gerne als selbstverständlich erachtet werden.
Idealisierung in der Verliebtheitsphase
Am Anfang der Beziehung passiert es automatisch: In der Verliebtheitsphase sehen wir unseren Partner oder unsere Partnerin in einer idealisierten Form. Gegenüber kritischen Stimmen sind wir meistens blind und taub. Die meisten Paare durchleben diese erste Phase ihrer Beziehung wie in einem Rausch. Die Liebe macht einige von uns tatsächlich blind. Im Liebesrausch sind wir in der Lage, die negativen Seiten unseres Objekts der Begierde komplett auszublenden. Viele Menschen erleben diesen Liebesrausch als eine Art Verschmelzung.
Back to reality
Die Erfahrung lehrt uns, dass der Liebesrausch mit der Zeit nachlässt und spätestens dann, sieht vieles anders aus. Wir landen in der Realität. Bei längst nicht allen ist diese Landung weich. Hier fliegen nämlich deutlich weniger Schmetterlinge wie zu Beginn der Liebe und die rosarote Brille hat ihren Zweck längst erfüllt. Das ist für viele Paare sehr ernüchternd.
Und genau deshalb erachte ich es als immens wichtig, dass sich Paare etwas von dieser Idealisierung erhalten und in ihren Alltag mit einbauen.
Der Beweis
Jetzt gibt mir sogar die Forschung recht: Eine Studie ergab, dass ein Rest von Idealisierung dem Beziehungsglück gut tut. Zuviel Nüchternheit und Realitätssinn beim Blick auf den Partner rauben der Beziehung positive und somit wertvolle Energien. Die Studie zeigt, dass Paare, die den Partner positiver wahrnehmen als sich selbst, den höchsten Grad an Zufriedenheit aufweisen.
Im Klartext heisst das: Für den Zusammenhalt in der Partnerschaft ist es langfristig von Vorteil, wenn man den Kritiker und Analytiker in sich von Zeit zu Zeit beiseite schiebt und sich stattdessen darauf fokussiert, was man am Partner besonders schätzt und/oder mag. Idealisieren oder Schönfärberei tragen also dazu bei, dass die Beziehung lebendiger bleibt und das Glück nicht nur zu Beginn, sondern hoffentlich auch nach vielen Jahren, ein treuer und zuverlässiger Begleiter ist.
Quelle: PSYCHOLOGIE HEUTE 03/2016
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