„Wer das Ziel kennt, kann entscheiden – wer entscheidet, findet Ruhe“. Dieses sehr kluge Zitat stammt von Konfuzius, einem weisen Mann, der zirka 500 Jahre vor Christus in China lebte.
Seit gut drei Wochen beschäftige ich mich nun mit der Frage, ob ich meine Haare wieder wachsen lassen soll. Oder ob ich zum Coiffeur gehe und sie wieder in Form schneiden lasse. Ich habe kurze Haare und da ist der regelmässige Gang zum Frisör unvermeidlich. Ich lege viel Wert auf mein Äusseres und eine gepflegte Frisur gehört für mich nun mal dazu. Es reicht schon, dass ich mit kurzen Haaren morgens aussehe, als hätte ich die ganz Nacht durch gemacht. Dagegen sind Strubbelpeter und Pumuckl Waisenknaben. Ich schiebe den Coiffeurbesuch also auf, weil ich mich NICHT entscheiden kann.
Nun handelt es bei der Sache mit den Haaren nicht eine Entscheidung, die weitreichende Folgen für mein Leben hat. Schliesslich wachsen meine Haare jeden Monat einen guten Zentimeter und spätestens ein halbes Jahr später ist selbst der ärgste Fehlschnitt Vergangenheit. Und trotzdem, spätestens seit Germanys Next Topmodel wissen viele, dass die Veränderung der Frisur sogar zu nicht mehr endend wollenden Heulattacken führen kann. Drama, Drama, Drama!
Im Leben gibt es viele Entscheidungen, die für einen Menschen weit folgenschwerere Konsequenzen haben können als eine verkackte Frisur. Und die nicht so einfach rückgängig gemacht werden können. Da kommt mir der Tatort vor gut drei Wochen in den Sinn. Da hatte eine Frau vor Jahren eine Entscheidung gefällt, die sowohl für ihr Leben als auch das ihrer Familie langfristige Folgen hatte, die beim Entscheidungszeitpunkt in ihrer ganzen Härte nicht voraus zu sehen waren.
Was geschah? Ein kleines Mädchen kam beim Spiel mit dem jüngeren Bruder ums Leben. Der kleine Bruder gab ihr im Spiel versehentlich etwas Giftiges zu essen. Die Mutter entschied sich, die Polizei nicht zu benachrichtigen, sondern die Leiche verschwinden zu lassen. Sie wollte ihren kleinen Jungen beschützen. Eine fatale Entscheidung mit schwerwiegenden Konsequenzen…Der Vater nahm sich daraufhin das Leben, weil er verdächtigt wurde, für das Verschwinden seiner Tochter verantwortlich zu sein. Der Sohn hat als Jugendlicher mit Bulimie zu kämpfen. Am Ende taucht dann auch noch ein Mädchen auf, das behauptet, die verlorene Tochter zu sein. Das ganze Ausmass der Tragödie nimmt vor den Augen des Zuschauers weiter seinen Lauf…
Wie wäre die Sache ausgegangen, wenn die Mutter beim Tod der kleinen Tochter die Polizei gerufen hätte? Auch wenn es sich in diesem Fall um eine erfundene Geschichte handelt, kann das niemand beantworten. Und genau diese Tatsache macht das mit den Entscheidungen in meinen Augen oft so schwierig.
Warum fällt es uns manchmal so schwer eine Entscheidung zu treffen? Ist es die Angst vor falschen Entscheidungen, die uns so oft zögern lässt? Und doch, wir müssen uns immer wieder entscheiden. Jeden Tag aufs Neue. Viele Entscheide treffen wir unbewusst und ohne lange darüber nachzudenken: Was koche ich heute zum Mittagessen – Spaghetti oder Pizza? Wir denken dabei nicht gross über mögliche Konsequenzen nach. Und doch – auch hierbei handelt es sich um Entscheidungen.
Eine Wahl, oft zwischen zwei Möglichkeiten, muss getroffen werden. Wie entscheide ich mich bloss? Wir wägen ab. Versuchen, die daraus resultierenden Konsequenzen abzuschätzen. Hören wir auf unser Gefühl oder benutzen wir lieber unseren Verstand? Was hat die Oberhand? Geht das Eine überhaupt ohne das Andere?
Wissenschaftler haben herausgefunden, dass man für eine Entscheidung beides braucht: Verstand und Gefühl! Lange glaubte man, dass Entscheidungen rein rational getroffen werden und Gefühle einer Entscheidung nur im Wege stehen. Unsere Entscheidungen werden beeinflusst von Erfahrungen, Familienherkunft, von unseren Prägungen, aber auch von unserer Umwelt oder gar durch Werbung. Ohne Gefühl ist man jedoch nicht in der Lage, zu entscheiden. Gefühl und Verstand gehen Hand in Hand. Ich finde es interessant, dass es Menschen gibt, die sich auf ihre Intuition verlassen, obwohl diese ganz und gar falsch ist. Deshalb liegt die Lösung wohl darin, die goldene Mitte zu finden. Doch das ist leichter gesagt, als getan.
Mir fällt es im Normalfall leicht, eine Entscheidung zu treffen. Meine Erfahrungen haben mich nämlich gelehrt, dass ich mich in der Regel auf mein Bauchgefühl und meinen Verstand verlassen kann. Aber auch bei mir gibt es Ausnahmen.
Sich NICHT entscheiden zu können, empfinde ich an diesem Prozess äusserst anstrengend. Dann geistert mir das Thema nämlich andauernd im Kopf herum, macht mich unruhig, nervös, reizbar und unzufrieden. Und wertvolle Energie geht verloren.
Bei schwierigen Entscheidungen ist es also sinnvoll, ein gutes Tool zur Hand zu haben. Etwas, das hilft, Entscheidungen nicht weiter vor sich her zu schieben. Wenn mir eine Entscheidung mal nicht so leicht fällt, hat mir die folgende Methode schon mehr als einmal wertvolle Hilfe geleistet: Das Tetralemma.
Das Tetralemma (gr. tetra: vier, lemma: Voraussetzung, Annahme) ist eine logische Figur bestehend aus vier Sätzen, welche einem Objekt eine Eigenschaft 1. zusprechen, 2. absprechen, 3. sowohl zu- als auch absprechen 4. weder zu-, noch absprechen (Quelle Wikipedia).
Dafür brauche ich lediglich vier Zettel, auf welchen ich die möglichen Varianten notiere. Anhand meines Haarschneide-Problems sah das dann wie folgt aus:
Zettel 1 Haare wachsen lassen
Zettel 2 Haare schneiden
Zettel 3 sowohl Haare wachsen lassen als auch Haare schneiden
Zettel 4 Weder Haare wachsen lassen noch Haare schneiden
Klingt auf den ersten Blick vielleicht etwas verwirrend, ist es aber nicht. Wirklich nicht. Man stellt sich auf den Zettel mit der Variante 1 und lässt seinen Gedanken dazu freien Lauf. Man kann darüber „laut“ nachdenken, aber es hilft auch, wenn man sich dazu einfach seine Gedanken macht. Mir fällt es leichter, wenn ich meine Gedanken dazu in Worte fassen kann.
Meiner Meinung nach ist das Tetralemma darum so hervorragend zur Entscheidungsfindung geeignet, weil es eben auch die Möglichkeit zulässt, eine ganz andere Lösung zu finden. Eine, an die man vorher vielleicht gar nicht gedacht hat. Auch bei schwierigen Entscheidungen hat mir diese Methode schon geholfen, wenn ich von alleine nicht weiter gekommen bin.
Welche Variante ich nun für meine Haare gewählt habe? Bei Zettel Nr. 4 bin ich zur Lösung gelangt: Pumuckl hat mich doch glatt auf eine Idee gebracht, die ich zuvor nicht in Betracht gezogen habe. Um meine Frisur aufzupeppen, bedarf es einfach einer neuen Haarfarbe. Ich habe mich für kupferrot entschieden und ich bereue nichts. Je ne regrette rien. Die Frage nach „kurz oder lang“ war plötzlich gänzlich unwichtig.
Wie geht ihr mit Entscheidungen um? Schiebt ihr so vor euch her? Oder fackelt ihr nicht lange und es fällt euch leicht, eine Entscheidung zu treffen? Gibt es Entscheidungen, die ihr im Nachhinein bereut habt?
Hallo. Oft verschiebt man sie auf die letzte Sekunde und manchmal drückt man sich vor Entscheidungen. Es kommt auf den jeweiligen Sachverhalt an. Ich reflektiere bei schweren Entscheidungen immer, welche unumkehrbar und im nachhinein schlecht ist. Manche Entscheidungen sind radikal und schwer, wie der Bruch von Menschen, die man mag und mochte, damit sie sich nicht entscheiden brauchen. Da ist das mit den Haaren nicht so essentiell. Wohl aber wichtig. Die Pumukel Variante hat was, um auf Deine gekonnte Entscheidung zurück zu kommen. Du hast also gut entschieden 🙂
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Danke dir! Glg, franziska
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