Wäre es nicht spannend, wenn es die Möglichkeit gäbe, all unsere Erlebnisse und die damit verbundenen Erinnerungen auf Knopfdruck abzurufen? Ich meine wirklich restlos alle. Von Anbeginn unseres Lebens. Jede noch so kleine Episode, wichtig oder unwichtig. Die ganze Wahrheit – unverfälscht und lückenlos. Kein Filter, kein Spielraum für Interpretationen.
Bestimmt wäre das in der einen oder anderen Lebenssituation hilfreich. Zum Beispiel in einer Diskussionen. Oder wenn einem etwas vorgeworfen wird und man verzweifelt zu erklären versucht, dass man das so nicht formuliert hat. Oder bei Vorwürfen, die das destruktive Wort „immer“ enthalten – du warst schon immer so, das sagst du immer so, immer reagierst du so. Zack und per Knopfruck könnte man das Gegenteil beweisen. Vielleicht aber auch nicht.
Man könnte überprüfen, ob das Gegenüber einem wirklich misstrauisch angeschaut hat oder ob man sich das nur eingebildet hat.
Vor einem Besuch bei Freunden könnte man sich vergangene Einladungen anschauen. Das Problem mit den vergessenen Namen bei der Begrüssung wäre so im Nu gelöst.
Oder man schaut sich einen besonders schönen Moment mit seinem Partner an. Vielleicht eine Erinnerung, als man noch Schmetterlinge im Bauch verspürte und einem der blosse Gedanke an den geliebten Menschen auf Wolke Sieben katapultierte. Man könnte sich so sich die rosarote Brille nochmals aufsetzen. Ganz nach Belieben.
Doch was ist mit all den anderen Erinnerungen? Mit Erinnerungen, die uns verletzt und/oder belastet haben?
Ganz ehrlich? Selbst wenn es eines fernen Tages eine Möglichkeit gäbe, sein Leben festzuhalten, ich würde dankend drauf verzichten.
Menschen erzählen gerne Geschichten. Immer und immer wieder. Sie helfen uns, das Leben zu verstehen, zu sortieren und zu ordnen. Geschichten sind wichtig, denn so verarbeiten wir die Facetten des Lebens. Im Guten, wie auch im Schlechten.
Beim Erzählen solcher Lebensgeschichten beruhen wir uns oft nicht auf Fakten, sondern zu einem grossen Teil auf Interpretationen.
Wir können ein Erlebnis ausschmücken oder weniger Wichtiges auslassen. Solche Geschichten sind die Grundlage unseres Lebensgefühls und unterstützen uns dabei, unsere eigene Identität zu finden und zu formen.
Unglücklicherweise neigt der Mensch dazu, sicher eher an negative Ereignisse zu erinnern. Sie haben mehr Gewicht und wiegen entsprechend schwerer. Für mich liegt in dieser Tatsache das Übel der Menschheit begründet, wenn ich das mal so dramatisch formulieren darf. Zumindest ist es eine plausible Erklärung dafür, dass es leider immer Streit und Krieg auf Erden geben wird.
Dabei gibt es beim Geschichtenerzählen nicht nur eine Variante. Oft halten wir unsere Variante für die ganze Wahrheit. Die eigene Geschichte ist ohne Ausnahme subjektiv.
Da wiederum wäre das situationsgetreue Abspielen gewisser Lebensepisoden vielleicht doch von Vorteil. Wer weiss? Oder aber wir schreiben die Geschichte um und geben dieser eine andere, vorzugsweise positive Wendung.
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Ich fände es anstrengend, da käme man gar nicht mehr raus aus der Diskussion. Rückblickend auf die Kindererziehung behält man doch nur die schönen Phasen im Kopf.
Ich glaube da würde man verrückt werden bei soviel Wissen. Lieber so wie es ist.
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