Heute stiess ich beim Googeln auf den nachfolgenden Artikel in „Die Zeit“, der mich sehr beschäftigte und gedanklich fast nicht mehr losliess. Das Geschehene liegt schon ein paar Jahre zurück. Natürlich habe ich die Tragödie damals auch mitbekommen – der Mord an den siebenjährigen Zwillingen aus Horgen füllte 2007 seitenweise die Presse. Heute weiss man: Es war die Mutter, welche ihre Kinder getötet hat. In welcher Verfassung sich ein Mensch befindet, der eine solche Tat begeht, sprengt den Rahmen meiner Vorstellungskraft.
Unter anderem wurde der Mutter ein instabiler Realitätsbezug diagnostiziert. Einfach erklärt bedeutet diese komplexe Störung, dass betroffene Menschen das für wahr empfinden, was sich gut anfühlt. Egal, ob es wahr ist oder nicht. Wahr ist das, was sie fühlen. Des Weiteren sind Gefühle, Wahrnehmungen und Gedanken frei kombinierbar. Dies wiederum ermöglich es, dass man sich Wahrheiten nach Gefühl beliebig zusammenstellen kann, Ein weiterer Punkt: zwischen der Realität und den erfundenen Geschichten empfindet die betroffene Person keinen Widerspruch.
Frank Urbaniok, Gutachter und Chefarzt des psychiatrisch-psychologischer Dienst des Kantons Zürich, erklärte das im „Tages Aneziger“ vom 30. Januar 2016 so: „Passt ein Gefühl nicht zur Realität, dann wird die subjektiv wahrgenommene Realität so weit verbogen, bis sie zum Gefühl passt. Wahr ist, was sich wahr anfühlt, der entscheidende Massstab sind die eigenen Bedürfnisse.» Das führt auch dazu, dass Normen für diese Menschen wenig Bedeutung haben; passt etwas nicht ins Bild, wird es ignoriert oder verändert.“
Verändern hiess im Fall von Bianca B. töten. Der blosse Gedanke daran lässt mich erschaudern. Natürlich kann man die Gründe für die Tat analysieren und Erklärungen nennen. Doch emotional lässt es sich nicht fassen oder begreifen.
Ebenso sprengt es mein Vorstellungsvermögen, wie der Vater, Franz B., nach solch einem dramatischen Vorfall weiterlebt. Weiterleben kann, weiterleben muss? Es gibt Ereignisse, die reissen einem buchstäblich den Boden unter den Füssen weg. Ich würde vermutlich den Verstand verlieren, aber wer weiss das schon.
Habt ihr euch auch schon die Frage gestellt, wie viel Leid ein Mensch eigentlich ertragen kann? Die Antwort erschliesst sich einem beim Lesen des Berichts von Moritz Aisslinger. In diesem Artikel geht es um den Vater und wie er nach der Kindstötung weiterlebt.
Es ist unglaublich, wie viel Leid, Kummer und Schmerz ein Mensch aushalten kann.
Der Bericht in „Die Zeit“ über das Leben des Vaters nach einer so schrecklichen Tat liest sich wie ein spannender Psychothriller. Mit dem Unterschied, dass diese Geschichte nicht erfunden ist, sondern tatsächlich geschehen ist.
Quellen:
DIE ZEIT Nr. 50/2016, 1. Dezember 2016 / Kindstötung – „Wir hatten es sehr gut miteinander“
Tages-Anzeiger Online vom 30. Januar 2016 / Die Kinder zu töten, schien ihr das geringere Übel
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