Kritik – kein Kinderspiel

In diesem Blogartikel geht es um Kritik und wie man damit umgeht. Nicht man, sondern ich. Vielleicht erkennt sich der eine oder andere in meinem Text wieder. Wer weiss?

Ich selbst bin meine grösste Kritikerin. Damit habe ich gut gelernt zu leben, denn bis auf wenige Ausnahmen bringt mich meine kritische Stimme immer ein Stückchen weiter im in meiner Entwicklung. Meine kritische Stimme ist mir im Leben oft ein guter Ratgeber. Wie aber steht es damit, wenn mich andere kritisieren? Ganz ehrlich? Ich kann schlecht damit umgehen. Sogar furchtbar schlecht. Wer mich kennt und schon kritisiert hat, weiss das. Ich reagiere meistens zickig, beleidigt und trotzig. Wie ein kleines Kind. Dabei spielt es nicht einmal eine Rolle, ob die Kritik angebracht und konstruktiv geäussert wird oder verletzend und ungerechtfertigt ist. Meine erste Reaktion ist immer dieselbe – Ablehnung und Verteidigungsmodus on.

Bei negativer und destruktiver Kritik ist meine Reaktion wohl eher verständlich. Diesbezüglich habe ich schon vermehrt festgestellt, dass destruktive und beleidigende Kritik meistens mehr über mein Gegenüber und seine Themen verrät als über meine. Das ist aber wiederum eine andere Geschichte.

Der Mensch reift und lernt – diese Fähigkeit mache ich mir gerne zunutze. Bei Kritik reagiere ich zwar im ersten Augenblick immer noch angepisst, aber im Gegensatz zu früher fange ich an, das Gesagte zu reflektieren. Heute bin ich in der glücklichen Lage, Kritik, die angebracht ist, anzunehmen und etwas daraus zu lernen oder zu verändern. Das gelingt mir längst nicht immer auf Anhieb. Manchmal dauert es sogar mehr als einen Tag, bis ich das Gesagte verdaut und von meinem inneren und verletzten Kind separiert betrachten kann. Mir fällt auch kein Zacken aus der Krone der Person, welche mich kritisiert hat, zu sagen, dass sie mit ihrer Kritik nicht unrecht hatte.

Das innere Kind – da ist es wieder einmal. Das innere Kind. Ein Thema, das für viele Menschen etwas ziemlich Abstraktes ist.

Kritik an mir ist etwas, das mich verletzt. Und es verunsichert mich, respektive es verunsichert mein inneres Kind. In diesem Augenblick fühle ich mich dann nicht einfach nur kritisiert, sondern ungeliebt, abgewiesen und nicht wertgeschätzt. Es sind exakt dieselben Gefühle, die ich aus meiner Kindheit nur allzu gut kenne. Als Erwachsene weiss ich sehr wohl, dass Kritik nicht das Ende einer Freundschaft oder Liebe bedeutet. Als Erwachsene weiss ich auch, dass mich Kritik weiterbringen kann. Und dass man mich trotzdem liebt, auch wenn man mich mal kritisiert.

Doch das innere Kind verhindert, zumindest im ersten Augenblick, dass ich erwachsen über das Gesagte reflektieren kann. Diesen Zusammenhang zu erkennen, hat es mir möglich gemacht, mit Kritik anders und besser umzugehen. Manchmal hapert es zwar noch, doch das ist einfach auch nur menschlich.

Wie geht ihr mit Kritik um? Kennt ihr ähnliche Mechanismen, wie die von mir beschriebenen? Könnt ihr Kritik annehmen oder lehnt ihr sie partout ab? Ich freue mich und bin gespannt, von euch zu lesen.

Bildquelle: http://www.pixabay.com

 

 

Verfasst von

Ich stehe mitten im Leben und schreibe darüber. Über das Leben mit all seinen Facetten. Mal bunt, mal düster, mal witzig, mal ernst. So, wie das Leben eben ist. Immer in Bewegung. Sowohl privat (Mutter von drei Kindern 9, 10 & 12 Jahre alt) als auch beruflich interessiere ich mich für Psychologie - ich bin diplomierte Einzel-, Paar- und Familienberaterin. Schreiben ist nicht einfach ein Hobby - es ist Leidenschaft.

9 Kommentare zu „Kritik – kein Kinderspiel

  1. Hallo Franziska,
    gerade am Montag hatte ich eine Situation mit einer Kollegin mit der ich mich wirklich gut verstehe, aber etwas an ihrer Art hat mich so getroffen. Ich bin innerlich total beschäftigt damit gewesen. Ich glaube, ich möchte es einfach allen immer recht machen. Wenn mir das nicht gelingt, bin ich selbst so enttäuscht von mir selbst, dass jedes weitere Wort von außen einfach zu viel ist. Das habe ich sicherlich in meiner Kindheit als Strategie entwickelt: Die andere Person zu beeindrucken, um gesehen zu werden. Darin bin ich echt super gut. Aber es ist auch wahsinnig anstrengend. Deshalb habe ich in den vergangenen Jahren daran gerarbeitet, für mich selbst Maßstäbe zu setzen und nicht abhängig vom Wohlwollen der anderen zu sein. Mir ist es mittlerweile auch wichtig, den anderen zuhören zu können. Das kann ich ja nur, wenn ich es aushalten kann, was sie (über mich) zu sagen haben.

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  2. Hallo Franziska,
    deine klare Ansage kommt mir gerade recht. Toll, wie du dich hier mal outest.
    Eigentlich wollte ich gar nicht mehr in`s Internet, aber ich muss meinen Senf noch dazugeben.
    „Der Mensch reift und lernt“. Und das geht von kindauf an bis zum Schluss.
    Ich raste selten aus, wenn ich mich ungerecht behandelt fühle. Aber wenn, dann richtig.
    Alles andere hängt davon ab, wie wir miteinander umgehen dh kommunizieren.
    Ich fass mich jetzt mal kurz mit einer genialen Buchempfehlung, die leider in Deutschland nie so recht angekommen ist, weil wir leider immer noch ein `Bildungsentwicklungsland´ sind.
    Es geht um Thomas Gordon, der 3mal für den Friedensnobelpreis nominiert wurde. Sein Buch `Lehrer-Schüler-Konferenz´ hab ich selbst Psychologen und Psychiatern empfohlen, die es verschlungen und weitergegeben haben.
    Leider ist Thomas Gordon heute `Geschichte´.
    Und noch was: Bewahre dir dein inneres Kind, denn `deine Kindheit wird so lange nach dir rufen, bis du sie erhörst´ (is nicht von mir). Leider haben das die meisten vergessen und hängen nur noch vor der Glotze ab, weil`s uns hier zu gut geht.
    Das Ganze hängt auch mit Emotionen zusammen, eine Thema, mit dem ich angefangen hatte, bevor mich die Politik erreichte.
    Vielleicht kannst du da ja mal n bisschen Lesen und auch rezensieren bei mir. Das wäre schön, wenn meine Artikle diesbezüglich nochmal Beachtung finden:
    https://4alle.wordpress.com/category/psycho-sophie/
    Muss bei mir mal aufräumen. Hab noch ne Kategorie Psychologie … und Psycha-gogik… egal…alles später.
    Einen gemütlichen Abend für dich&fam.
    Jürgen aus Loy (PJP)

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  3. Lieber Jürgen, ich werde dazu Stellung beziehen. Jetzt aber einfach mal ein Dankeschön für deinen wertvollen Input. Wir hören und lesen uns. Herzlich, Franziska

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  4. Je mehr wir lernen zu teilen, desto besser wird alles für uns, weil wir unseren Horizont erweitern.
    Aber ich hab schon ziemlich überfallmäßig umfassend bei kommentiert und scheue eigentlich immer sehr davor zurück, denn bei mir wird kaum kommentiert wird, so dass ich nichts richtig teilen kann.
    Danke für die freundliche Annahme.
    Wünsch dir einen schönen Sonntag.
    Wir hörn voneinander.
    Jürgen aus Loy (PJP)

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  5. Über deine Kommentare freue ich mich jedes Mal sehr, lieber Jürgen. Nicht aufhören, bitte. Auf keinen Fall. Und lass dich nicht entmutigen. Das wäre denkbar schade. Herzlich, Franziska

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  6. Ich glaube es kommt auch ein wenig darauf an, ob die Gründe einer Kritik Berechtigung haben. Empfange ich Kritik, versuche ich erst einmal zu schauen aus welchen Emotionen und Situationen sie entstand. Kritik kann ja auch verübt werden aus einer Verletzung heraus oder das der_die Kritiker_in sich irgendwie im eigenen LebensFeld bedroht fühlt_sieht (Bedroht ist ein ziemlich starkes Wort, aber mir fällt gerade kein schwächeres ein).

    Ich versuche sozusagen dahinter zu schauen, hinter den Kritik verübenden Menschen und nehme nur die pure Kritik, quasi den Sachinhalt und dann schau ich, was ich damit anfangen kann.

    Ich glaube es ist auch wichtig die Kritik erst einmal wirken zu lassen, sie sich in ruhe anzuhören und nicht von den GefühlsEmotionen des Gegenübers sich mitreisen zu lassen, um dann vielleicht aus GefühlsGründen heraus ebenfalls Kritik zurück zuwerfen, dann entsteht oft keine Dynamik und aus solchen hin und her fliegenden Kritikbällen, kann glaube ich nichts hilfreiches entstehen.

    Mein Tipp, Kritik erst einmal in Ruhe anhören, sacken lassen und dann angemessen reagieren. Mit Sachlichen Argumenten, vielleicht auch zu eigenen Fehlern zu stehen, den Kritiker aufzufangen, anzuhören, zustimmen oder sachlich umzustimmen und vielleicht auch am Ende Dankbar sein.


    Ein sehr großes Thema merke ich gerade, ich könnte ewig darüber weiter schreiben…
    Danke für deine Zeilen liebe Franziska sie erinnern mich daran, noch mal über den eigenen Umgang mit Kritik nach zu denken aber auch darüber wie ich selbst hilfreiche Kritik formulieren kann, denn wie ich selbst Kritik ausspreche, die Formulierung ist hier so wahnsinnig wichtig um den Gegenüber nicht zu verletzten und ihm wirklich mit der Kritik zu helfen.

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  7. Wow, dein Text ist eine super Ergänzung zu meinem Text. Danke vielmals. Sehr spannend. Ich bin auch der Ansicht, dass Kritik oft mehr mit dem Kritiker selbst zu tun hat, als mit dem Menschen, der kritisiert wird. Herzlich, Franziska

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  8. Kritik muss nicht immer so aussehen, dass mein Gegenüber mich vollkommen zusammenstaucht und mal all seinen Frust über mich ablässt. Manchmal sind es auch nur kleine „Beschwerden“ die nebenbei und situationsbedingt fallen gelassen werde.
    So etwas beschäftigt mich leider auch immer sehr. Ich werde dann zwar nicht trotzig oder gebe Konter – obwohl sich gerne endlose innere Monologe abspielen, was ich der Person denn alles sagen könnte. Aber mich beschäftigt es auch manchmal tagelang. Und das ist, was mich am meisten stört.
    Kritik löst derart unangenehme Gefühle in mir aus, die mich noch weit über den eigentlichen Sachverhalt beeinflussen. Dabei ist das Problem nicht, dass ich die jeweilige Kritik als ungerechtfertigt empfinde – im Gegenteil.
    Ich habe Angst vor der nächsten Begegnung mit der Person, die mich kritisierte oder vor der nächsten Situation, in der ich Ähnliches machen muss, wie damals, als ich dafür kritisiert wurde.
    Gleichzeitig kann ich teilweise einfach nicht aufhören, daran zu denken – so sehr ich das auch möchte. Ich denke vor dem Schlafengehen daran, ich träume davon, ich wache mit dem Gedanken auf. Es scheint eine Art Teufelskreis zu sein.
    Aber es tut gut zu lesen, dass es auch gestandenen erwachsenen Frauen so geht und besonders den Tipp von misstueftelchen finde ich gut, vorerst allein den Sachinhalt zu beachten.

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  9. Liebe Leonie. Danke für deinen wertvollen Beitrag. Sowohl für mich als auch für meine Leser. Und ich als gestandene erwachsene Frau finde es schön zu hören, dass junge Menschen wie du, meinen Beitrag lesen und sich dazu ihre Gedanken machen. Herzlich, Franziska

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