Von Trugbildern oder warum uns unser Hirn manchmal Streiche spielt

Seid ihr kurz vor dem Einschlafen auch schon einmal irgendwo runtergefallen? Von ganz, ganz weit oben? Das erlebe ich zirka fünfmal im Jahr. Seit ich Kinder habe, falle nicht ich runter, sondern meine Kinder. Und trotzdem fühlt es sich so an, wie wenn ich diejenige bin, die fällt. Ein Gefühl, das mir richtiggehend Angst einjagt. Es ist, wie wenn es tatsächlich geschehen würde. Nur dass man nie aufschlägt, sondern vor dem Aufprall nochmals kurz aufschreckt, um dann erleichtert festzustellen, dass niemandem etwas geschehen ist und man sich entspannt dem wohlverdienten Schlaf hingeben kann.

Oder das…Ich öffne meine Augen und ein riesiger Käfer fliegt in meinem Schlafzimmer umher. Genau vor meinem Gesicht. Es ist beinahe so, dass ich das Gefühl habe, ausweichen zu müssen, damit wir nicht kollidieren. Er ist überdimensional gross, unheimlich und Angst einflössend. Eigentlich hat er mehr die Form eines Schmetterlings. Es ist mitten in der Nacht. Langsam gewöhnen sich meine Augen an die Dunkelheit und ich realisiere – da ist nichts. Nichts ausser Dunkelheit. Kein Käfer, kein Schmetterling weit und breit.

Doch was war das in meinem Schlafzimmer? Eine Illusion? Ich hab’s doch ganz deutlich gesehen – es bewegte sich in der Dunkelheit…für den Bruchteil einer Sekunde.

Beiden Szenen haben etwas gemein: ich bin mir bewusst, in welcher Umgebung ich bin, sprich ich bin noch nicht oder nicht mehr am Schlafen.

Ich hatte keinen Albtraum, nichts in der Art. War es einfach ein Trugbild? Oder liegt es an meinen Augen? Funktioniert mein Gehirn nicht mehr richtig? Schliesslich ist es sogar schon tagsüber vorgekommen, dass ich Muster oder Kleckse gesehen habe, obwohl ich genau wusste, dass diese Dinge nicht existieren.

Anfänglich dachte ich, dass mit mir irgendetwas nicht in Ordnung ist. Schliesslich sehe ich Dinge, die nicht da sind…

Die Lösung ist eigentlich ganz naheliegend. Wenn man müde ist, spielt einem das Hirn Striche. Visuelle Halluzinationen sind gar nicht mal so selten: Eine britische Studie zeigt, dass pro Jahr 3% der Bevölkerung solche Trugbilder erleben.

Diese Trugbilder reichen von gelegentlichen flüchtigen Eindrücken bis hin zu häufigen langanhaltenden Bildern. Das Spektrum reicht von einfachen geometrischen Mustern bis hin zu komplexen, lebensnahen Szenen.

Auslöser für diese visuellen Halluzinationen können neurologische oder organische Erkrankungen sein. Doch auch gesunde Menschen sind manchmal davon betroffen.

Gründe dafür sind:

  • Der Übergang vom Wachsein zum Schlaf und umgekehrt
  • Trauer oder Verlust
  • Fehlender Reiz der Sinne
  • Augenkrankheiten
  • Drogen oder Medikamente

Solche Trugbilder zu sehen ist für viele Menschen äusserst beunruhigend. Wenn ich unter Schlafmangel leide, dann beobachte ich an mir, dass solche Trugbilder häufiger auftreten. Es beunruhigt mich aber nicht mehr, da ich die Ursache kenne.

Der Mailänder Neurowissenschaftler Armando D’Agostino beschreibt es so: „Bei Gesunden kommen Einschlaf- und Aufwachhalluzinationen am häufigsten nach ausgeprägtem Schlafmangel vor“. Ich kenne also die Ursache und bin froh, dass mit mir gesundheitlich alles in Ordnung ist.

Habt ihr auch schon solche visuellen Einschlaf- resp. Aufwachhalluzinationen erlebt? Freue mich auf euer Feedback und eure Kommentare.

Quelle: Psychologie Heute, September 2015

Verfasst von

Ich stehe mitten im Leben und schreibe darüber. Über das Leben mit all seinen Facetten. Mal bunt, mal düster, mal witzig, mal ernst. So, wie das Leben eben ist. Immer in Bewegung. Sowohl privat (Mutter von drei Kindern 9, 10 & 12 Jahre alt) als auch beruflich interessiere ich mich für Psychologie - ich bin diplomierte Einzel-, Paar- und Familienberaterin. Schreiben ist nicht einfach ein Hobby - es ist Leidenschaft.

7 Kommentare zu „Von Trugbildern oder warum uns unser Hirn manchmal Streiche spielt

  1. Ich wieder …, oh ja, ich falle manches Mal und immer dann, wenn ich zu viel gearbeitet hatte oder Probleme mit dem Entspannen habe. Die anderen Phänomene kenne ich alle eher nicht (mehr – als Kind schon).

    Ich wünsche Dir einen schönen Abend und herzliche Grüße
    Sylvia

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  2. Ich sehe manchmal Bilder in dem Moment, wo Anspannung von mir abfällt.
    Beim Entspannungstraining habe ich einmal den Bug eines Wikingerschiffes aus dem Nebel auftauchen sehen.
    Ich weiß dann, dass ich wach bin und lediglich ein Bild sehe.
    Trotzdem ist es – und war es besonders in diesem Falle – sehr beeindruckend und schön.

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  3. Salü Franziska,
    Ich habe, ich sage dem, Wachträume.
    Beim Einschlafen, ich weiss aber noch, wo ich bin, welcher Tag es ist, kommen in meinen Kopf Bilder und Szenen vor, die aber NICHT ICH bewusst mache, sondern vom Unterbewusstsein kommen müssen.
    Für mich sind es keine Halluzinationen, sondern Träume, die ich, mehr oder weniger, im Wachzustand habe.
    Tagsüber sehe ich keine Muster oder Kleckse, ab und zu höre ich sehr leise irgendwas, zum Beispiel, dass meine Mutter mich ruft oder in höre Musik.
    Es ist nie ein Albtraum; ich habe auch in der Nacht sehr wenige Alpträume.
    Tschüss.

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