Rollenverteilung / Triangulierung / Parentifizierung
Auf die Rollenverteilung in einem depressiven Familiensystem möchte ich in diesem Blog gerne etwas genauer eingehen, erscheint sie mir aufgrund meiner eigenen Erfahrung als überaus prägend für Kinder psychisch kranker Eltern.
Ursprung des Begriffs Triangulierung
In der Psychologie beschreibt die Triangulierung das Hinzutreten eines Dritten zu einer Zweierbeziehung. Ernst Abelin hat diesen Betriff geprägt, um den Übergang von der in der psychoanalytischen Objektbeziehungstheorie erforschten frühen Mutter-Kind-Beziehung zum Ödipuskonflikt, bei welchem Sigmund Freud angesetzt hatte, beschreiben zu können. In den Therapierichtungen Psychoanalyse, Tiefenpsychologie und Entwicklungspsychologie wird dieser Begriff in Abelins Sinn verwendet (http://de.wikipedia.org/wiki/Triangulierung_(Psychologie)).
Triangulierung in der systemischen Familientherapie
In der systemischen Familientherapie bedeutet Triangulierung die Auslagerung eines Konflikts aus einer Zweierbeziehung auf einen Dritten. Mutter-Vater-Kind bilden zusammen die Kernfamilie. Es ist die erste Triade, mit der ein Mensch in seinem Leben in Berührung kommt. Die Triade ist nichts anderes als ein Modell, welches dem Therapeuten/Berater hilft, rasch und effizient die Probleme und Dynamik in einem Familiensystem zu erfassen. Eine Triade besteht somit immer aus drei Beteiligten, wobei zwei davon immer etwas enger verbunden sind.
Übernimmt in einer Familie das Kind eine ungesunde oder ihm nicht zugedachte Rolle, spricht man von Triangulierung.
Triangulierung im depressiven Familiensystem
In einem Familiensystem in dem ein Elternteil an einer Depression erkrankt übernehmen Kinder sehr oft eine emotional stützende Funktion für den kranken Elternteil (Lenz&Jungbauer, 2008). Auch wenn die Eltern wegen der grossen Belastung und wegen der fehlenden Kommunikation miteinander Probleme bekommen, sich immer öfter streiten oder gar nicht mehr miteinander reden, fühlen sich die Kinder dafür zuständig. Einerseits fühlen sie sich mitverantwortlich, andererseits werden sie auch mitverantwortlich gemacht. Oft sind auch die Partner der psychisch erkrankten Person mit der Situation überfordert und vernachlässigen ihre Elternrolle.
Ein Kind fällt so zudem in die Rolle als stabilisierendes Element. Ein Kind aus einem solchen System glaubt, dass es mit seinem Verhalten etwas dazu beitragen kann, um die Leere, welche der kranke Elternteil empfindet, weg zu zaubern. Und je mehr das Kind als Helfer zum Einsatz kommt, umso mehr hofft es, damit die Situation verbessern zu können.
Parentifizierung
Durch die elterlichen Defizite in der Erziehung kann es vorkommen, dass sich die Eltern-Kind-Rollen umkehren. Gerade in den Ein-Kind-Familien kann eine Umkehr der Rollen vorkommen, da auch die Partner psychisch kranker Menschen situativ überfordert sind.
Die psychische Erkrankung eines Elternteils führt dazu, dass die Generationsgrenzen zerfliessen und unklar werden. Die elterlichen und kindlichen Rollen werden undeutlich und das System Familie wird konfus (Jasz, 2012).
(Auszug aus meiner Diplomarbeit zum Thema „Kinder psychisch kranker Eltern – Vergessene Kinder – Und als Erwachsene? Psychosoziale Belastung, Resilienz & Ressourcen“)
Spannendes Thema… weißt du auch, wie sich eine solche Rollenumverteilung für das Kind im weiteren auswirkt? Langzeitfolgen? Liebste Grüße, Tamara
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Liebe Tamara, das ist natürlich sehr individuell. Vor allem wenn Kinder über eine gute psychische Widerstandskraft und genügend Ressourcen verfügen, können sie solche Erfahrungen biographisch als Erwachsene verarbeiten und integrieren. Viele dieser Kinder haben als Erwachsene jedoch Schwierigkeiten, ihre Bedürfnisse und Grenzen wahrzunehmen und ihre Wünsche zu äussern. Solche Kinder kämpfen dann auch als Erwachsene noch jahrelang um Selbstbestimmung und Eigenständigkeit. Wenn du mehr erfahren willst, dann empfehle ich Dir das Buch „Kinder und Partner psychisch kranker Menschen“ von Albert Lenz & Johannes Jungbauer. Liebe Grüsse, Franziska
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Danke 🙂
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