Liebes Tagebuch…

Meine Tochter hat mich auf diese Idee gebracht. Es ist eine Erinnerung an längst vergangene Zeiten. Das Tagebuch als Frust- und Sorgenfresser. Ich besass zwar ein Tagebuch, aber ich benutzte es nicht oft, um meine Gedanken nieder zu schreiben. Und das, obwohl ich schon immer sehr gerne und leidenschaftlich geschrieben habe. Ich schrieb hauptsächlich dann etwas in mein Tagebuch, wenn ich verliebt war oder Liebeskummer hatte. Mal Himmel hoch jauchzend, dann wieder zu Tode betrübt. Ein ewiges Auf und Ab der Gefühle. Papier ist schliesslich geduldig und das ist auch gut so. Leider habe ich mein Tagebuch irgendwann weggeworfen oder es ist beim vielen Zügeln verloren gegangen. Ich kann mich gar nicht so recht daran erinnern. Es wäre bestimmt interessant, die pubertären Ergüsse von damals zu lesen.

Heute ist ein solcher Tag, wo ich gerne wieder so ein Tagebuch zur Hand hätte. Um einfach ungefiltert drauf los schreiben zu können. Wo ich nicht darauf zu achten habe, ob die Ausdrucksweise stimmt und die Grammatik korrekt ist. Einfach schreiben, was mir auf dem Herzen liegt. Und die Worte wählen, die mir auf der Zunge liegen. Wo ein Arschloch auch mal ein Arschloch sein darf. Und wenn’s scheisse ist, und das kommt nun in meinem Leben immer wieder mal vor, dann ist es eben beschissen oder scheisse und nicht blöd, mies, ungünstig, verfahren oder mühsam. Das Tagebuchformat soll dazu dienen, mich unzensiert und frei von der Leber weg ausdrücken zu können.

Ach, liebes Tagebuch, heute ist einer dieser Tage. Ein Tag, den man, ginge es nach mir, aus der Agenda streichen könnte. Oder nochmals von Vorne starten. Eben ein richtig beschissener Tag. Oder ein beschissener Start nach wunderbaren, erholsamen Ferien. Ohne Hektik, ohne Zeitdruck. Ich träume mich zurück ins Südtirol, ins kleine Örtchen Laatsch, wo, so scheint es mir, die Uhren etwas langsamer ticken.

Das Ende der Frühlingsferien ist da und der Alltag hat mich wieder. Fest umklammert und voll im Griff. Wir sind heute schlecht gestartet. Eigentlich hat es schon gestern angefangen. Meine Tochter ist heute ins Klassenlager gefahren und war entsprechend aufgeregt. Sie konnte bis kurz vor Mitternacht nicht einschlafen und darauf reagierte sie ziemlich panisch, um nicht sogar zu sagen, hysterisch. Dies bedeutet jedoch, dass auch ich nicht vor Mitternacht schlafen gehen konnte.

Meinem mittleren Sohn habe ich gestern eine Entschuldigung geschrieben, da er das falsche Mathematikbuch mit nach Hause genommen hat und deswegen die Ferienhausaufgaben nicht erledigen konnte. Als ich den Brief an die Lehrerin in seine Mappe zurücklegen wollte, sahen meine Augen jedoch was? Das vermisste Matheheft…Es lag die ganze Zeit in seinem Rucksack und nicht wie angenommen in der roten Mappe. Da hätt’ ich aber auch selbst drauf kommen können. Mein Sohn, pflichtbewusst wie er ist, wollte dann unbedingt noch ein paar Seiten Matheaufgaben lösen, obwohl eigentlich bereits Schlafenszeit gewesen wäre.

Heute Morgen waren wir alle entsprechend müde und gereizt. Mein Jüngster fand, dass er bei diesem Wetter unter gar keinen Umständen in die Schule gehen könne und hat entsprechend Terror gemacht und rumgemault. Der Mittlere hat sich nach dem Frühstück nochmals ins Bett gelegt und ist prompt eingeschlafen und nur mit Mühe und Not konnte ich ihn wieder wach kriegen. Obwohl es draussen in Strömen regnete, wollte er seine NEUE Regenjacke auf keinen Fall anziehen, da TOTAL (aber so was von total) uncool. Und warum Zähne putzen? Die hat er doch gerade erst gestern Abend geputzt…

Ich könnte aus der Haut fahren, an die Decke gehen. Aber nein, innerlich zwar am Kochen, nach aussen hin gilt jedoch die Devise „Ruhe bewahren“. Schliesslich muss ich noch den Lunch für meine Tochter fertig vorbereiten. Und Tee kochen. Natürlich steht sie neben mir, nervös und voller Vorfreude. In voller Montur und geschultertem Rucksack steht sie vor mir, obwohl wir erst in fünfzehn Minuten das Haus verlassen müssen. Fünfzehn Minuten in denen ich mir eigentlich gerne noch eine weitere Tasse Kaffee gegönnt hätte. Aber nichts da. So verstrubelt kann ich mich der Welt nicht zumuten, also noch rasch unter die Dusche springen. Rekordverdächtig.

Ist heute nicht Montag? Klar, mein Jüngster hat noch Schwimmunterricht. Nach den Ferien dauert es immer ein Weilchen, bis ich alle Termine wieder reaktiviert habe und mein Hirn wieder auf Alltagsmodus umgestellt hat. Also rasch noch die Schwimmsachen zusammen packen. Um punkt acht Uhr sind alle fertig und startklar. Und ich fix und fertig.

Das Gute an der Hektik? Ich kann gar nicht so lange darüber nachdenken, dass ich meine Grosse jetzt eine Woche lang nicht sehen werde. Wenn ich diesem Gefühl mehr Raum verleihen würde, dann ist da nämlich diese Schwere, die sich auf meine Brust legt und mein Herz umklammert. Das habe ich immer, wenn mir wieder einmal so richtig deutlich bewusst wird, wie schnell meine Kinder gross werden und wie rasch diese einmalige und kostbare Zeit vergeht. Endstation Sehnsucht. Endstation Erwachsen. Greif nach den Sternen, mein Mädchen.

Liebes Tagebuch. Ich weiss, ich weiss. Auch solche Momente gehören zum Leben. Es kann und muss nicht alles immer eitel Sonnenschein sein. Nur ist’s mir anders einfach deutlich lieber.

Jetzt gönn’ ich mir den hart verdienten zweiten Kaffee. Dann habe ich eine Verabredung mit Mount Waschberg. Er ruft schon ganz laut. Mitunter gehört das halt auch dazu, wenn man schöne Ferien hatte. Es kann nur noch besser werden.

Also, liebes Tagebuch, ich bin wieder da. Und ich bin mir so was von ganz sicher, dass wir uns wiedersehen und wieder hören werden – versprochen. Bis bald.

Fällt es Euch leicht, von Ferien auf Alltag umzustellen? Bin gespannt auf Eure Kommentare.

Verfasst von

Ich stehe mitten im Leben und schreibe darüber. Über das Leben mit all seinen Facetten. Mal bunt, mal düster, mal witzig, mal ernst. So, wie das Leben eben ist. Immer in Bewegung. Sowohl privat (Mutter von drei Kindern 9, 10 & 12 Jahre alt) als auch beruflich interessiere ich mich für Psychologie - ich bin diplomierte Einzel-, Paar- und Familienberaterin. Schreiben ist nicht einfach ein Hobby - es ist Leidenschaft.

2 Kommentare zu „Liebes Tagebuch…

  1. Hey 🙂 Mir persönlich fällt es schwer – in den Ferien bin ich glücklich und schlafe gut. Sobald die Ferien um sind kann ich einige Nächte zuerst gar nicht schlafen und bin dauernd deprimiert… Bin nicht die einzige… Grüße, Joschi

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  2. Mhh, ja, auch das kenne ich. Das Einschlafen bereitet mir oft die ersten Tage nach den Ferien Mühe. Einfach bis alles wieder den gewohnten Rhythmus inne hat. herzlich, Franziska

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